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Karl Gademann erhält den Nationalen Latsis-Preis 2011

Die Forschungsinteressen des organischen Chemikers Karl Gademann liegen an der Schnittstelle von Chemie und Biologie. Bei der Isolierung und Synthese von Naturstoffen stösst er immer wieder auf überraschende Zusammenhänge, die neue Forschungsfelder auftun. Für diese Arbeiten wird er mit dem Nationalen Latsis-Preis 2011 ausgezeichnet.

Interdisziplinarität ist eine oft gehörte Forderung, wenn es darum geht, im Labor neue und wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Umzusetzen ist sie aber nicht so leicht, schliesslich hat jede Disziplin ihre eigene Forschungskultur. Aber Karl Gademann ist so etwas wie ein wissenschaftlicher Weltbürger, für ihn scheint die fächerübergreifende Arbeit fast schon der Normalzustand zu sein. Seine Forschungsinteressen liegen an der Schnittstelle von Chemie und Biologie und umfassen die Isolierung und Synthese von Naturstoffen.

Grundlagenforscher
Von Haus aus ein organischer Chemiker, wechselt er mit Leichtigkeit die Territorien: von der Chemie zu den Materialwissenschaften, von der Pharmakologie zur Biologie. Und stösst dabei immer wieder auf überraschende Zusammenhänge, die im besten Fall neue Forschungsfelder auftun. Der Medizin haben sie schon einige neue Behandlungsansätze beschert – auch wenn der Weg bis zum marktreifen Medikament natürlich ein langer ist. Karl Gademann sieht sich diesbezüglich ausdrücklich als Grundlagenforscher, das heisst als Ideengeber.

Natur als Inspirationsquelle
Inspirationsquelle für die Arbeit von Gademann ist immer die Natur. Er interessiert sich für natürlich vorkommende bioaktive Moleküle, seien sie nun tierischen oder pflanzlichen Ursprungs. Diese Moleküle versucht er möglichst umfassend zu verstehen: ihre Funktion, ihre Wirkungsweise, ihre Struktur. Ganz besonders interessiert sich der Forscher auch für ihre ökologische Rolle, für die Frage also, aus welchem Grund sie von den Organismen produziert werden. Dieser Ansatz gleicht einer Wundertüte, aus der Gademann immer wieder fruchtbare Ideen für die weitere Forschungsarbeit hervorholt.

Blaualgen und Alzheimer
Beispielsweise hat ihn die Beobachtung, dass eine Blaualge sich erfolgreich gegen die Überwucherung anderer Algen wehrt, dazu inspiriert, in diesem Mikroorganismus nach neuartigen Wirkstoffen gegen Malaria zu suchen. Die gefundenen Algizide könnten, dafür hat Gademann Hinweise geliefert, tatsächlich auch gegen den Malaria-Erreger wirken, da dieser wohl im Laufe der Evolution Bestandteile von Algen aufgenommen hat und somit eine unerwartete Achillesferse aufweist. Blaualgen wappnen sich aber auch gegen Insektenfrass, indem sie bei den Fressfeinden eigenartige Verhaltensveränderungen hervorrufen. Das wiederum bringt den schrankenlos denkenden Wissenschaftler auf neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson. Und tatsächlich: In den Blaualgen findet sich ein Stoff, der gegen ein Enzym wirkt, das wohl an der Entstehung von Alzheimer beteiligt ist.

Auch auf den weiteren Streifzüge durch die Natur ist Gademann fündig geworden: Aus Pilzen hat seine Forschungsgruppe Substanzen isoliert und synthetisiert, die das Wachstum der Fortsätze zwischen Nervenzellen auf bemerkenswerte Weise beschleunigen. Seine aktuellsten Forschungsprojekte nehmen Substanzen aus alten indischen und chinesischen Heilpflanzen unter die Lupe, die eine ähnliche Wirkung zeigen.

Eleganz und Einfachheit
Eine weitere Spezialität von Gademann ist die Erzeugung bioaktiver Materialien, indem natürliche Substanzen auf anorganischen Trägern wie Titan oder Glas verankert werden. Hierbei sowie beim Nachbau komplexer organischer Moleküle im Labor gilt es, einen möglichst einfachen und eleganten Syntheseweg für die Endprodukte zu finden. Diesbezüglich liess Karl Gademann schon mit seiner Habilitation an der ETH Zürich aufhorchen, als es ihm gelang, das Eisentransportmolekül Anachelin erstmals chemisch herzustellen. Schon als 34-Jähriger wurde ihm deshalb sogleich eine Assistenzprofessur an der ETH Lausanne angeboten, wo er 2006 das Laboratorium für chemische Synthese begründete. 2010 zog es ihn weiter an die Universität Basel, wo er seither als Extraordinarius für Organische Chemie wirkt.

Der Latsis-Preis
Der mit 100’000 Franken dotierte Nationale Latsis-Preis ist eine wissenschaftliche Auszeichnung. Der Schweizerische Nationalfonds vergibt ihn im Auftrag der Latsis-Stiftung an junge Forschende im Alter bis zu 40 Jahren für besondere wissenschaftliche Leistungen in der Schweiz. Die Preisverleihung findet am 12. Januar 2012 im Berner Rathaus statt.

Die Fondation Latsis Internationale
Die Fondation Latsis Internationale (auch Internationale Latsis-Stiftung) wurde 1975 von der griechischen Familie Latsis in Genf gegründet. Im Auftrag der Stiftung verleiht der Schweizerische Nationalfonds den Nationalen Latsis-Preis, Daneben existieren die mit je 25’000 Franken dotierten vier Universitären Latsis-Preise (Genf, St. Gallen, ETH Zürich, ETH Lausanne) sowie der mit 100’000 Franken dotierte Europäische Latsis-Preis. Er wird durch die European Science Foundation (ESF) vergeben.

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