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Schweizer Stiftungsreport 2011: Stiftungslandschaft boomt

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung hat sich auch der Stiftungssektor erholt. 2010 wurden in der Schweiz so viele gemeinnützige Stiftungen gegründet wie in den Spitzenjahren 2007 und 2008. Sowohl bezüglich Stiftungsdichte als auch hinsichtlich geschätzter 6500 Franken Stiftungskapital pro Einwohner belegt die Schweiz nach wie vor einen europäischen Spitzenplatz.

Der Stiftungstrend in der Schweiz ist weiterhin ungebrochen. Nach einem konjunkturbedingten Rückgang im 2009 wurden in der Schweiz im vergangenen Jahr 508 gemeinnützige Stiftungen gegründet. Dies entspricht einer Zunahme von 32 % gegenüber dem Vorjahr. Wie wichtig der Stiftungsplatz Schweiz ist, verdeutlichen ein paar wenige Kennzahlen: Ende 2010 waren 12‘531 gemeinnützige Stiftungen eingetragen. Gemäss Schätzungen weisen diese ein Gesamtkapital von rund 50 Milliarden Franken auf und schütteten zwischen einer bis zwei Milliarden aus. Dies entspricht in etwa 2 % des letztjährigen Bundeshaushaltes. Trotz wachsender Professionalisierung und Transparenz in der Branche selbst, fehlen allerdings nach wie vor einheitliche und öffentlich zugängliche Daten.

Zürich, Basel und Romandie als Spitzenreiter
Wirft man einen Blick auf die kantonale Verteilung, so lassen sich deutliche Unterschiede im Stiftungsland Schweiz feststellen. In absoluten Zahlen liegt der Kanton Zürich mit 2‘153 gemeinnützigen Stiftungen an erster Stelle, gefolgt von den Kantonen Waadt, Bern, Genf und Basel-Stadt. In Relation zur Einwohnerzahl weist Basel-Stadt die höchste Stiftungsdichte auf, der Kanton Zürich fällt auf den 13. Platz zurück. Während im gesamtschweizerischen Durchschnitt 16,1 Stiftungen pro 10‘000 Einwohner gezählt werden, beläuft sich dieser Wert im Kanton Basel-Stadt auf 44,8 und ist damit fast sechsmal so hoch wie in Würzburg, der Stadt mit der höchsten Stiftungsdichte in Deutschland. Es verwundert daher nicht, dass Anfang 2011 der Verein Stiftungsstadt Basel gegründet wurde, mit dem Ziel, Basel als Schweizer Stiftungsstadt bekannt zu machen.

Überraschend ist hingegen die starke Entwicklung in der Romandie. Dort sind zwei Drittel der heute existierenden Stiftungen in den letzten zehn Jahren gegründet worden. Die entsprechenden Werte sind in der deutschsprachigen Schweiz mit 43,8 % und im Tessin mit 46,7 % deutlich geringer. Insbesondere der Kanton Genf verzeichnet mit 182,7 % die schweizweit höchste Zuwachsrate innerhalb der letzten zehn Jahre.

«Eine wichtige Rolle spielt die internationale Positionierung von Genf», vermutet Prof. Dr. Georg von Schnurbein, Leiter des Centre for Philanthropy Studies an der Universität Basel. «Fast die Hälfte aller Stiftungen in Genf steht unter eidgenössischer Aufsicht und verfolgt damit einen nationalen oder internationalen Zweck. Anfang 2000 war dies in Genf gerade einmal bei 27 % aller gemeinnütziger Stiftungen der Fall.»

Rechtliche Entwicklungen
Begleitet wird das Wachstum von einer Reihe gesetzlicher Entwicklungen. So fordert eine im Jahr 2009 von Ständerat Werner Luginbühl eingereichte Motion die Angleichung der fiskalischen Rahmenbedingungen an die teilweise neue steuerliche Situation in den Nachbarländern, insbesondere an diejenige Deutschlands. Die Motion hat am 1. März 2010 die letzte Hürde genommen und wurde vom Ständerat an den Bundesrat zur Umsetzungsprüfung überwiesen. Letzerer hat angekündigt, hierbei auch weitere themenrelevante Punkte (Einführung eines Stiftungsregisters, Optimierung der Stiftungsaufsicht) zu behandeln. Daneben hat die Zusatzbotschaft des Bundesrats zu Teil B der Mehrwertsteuerrevision vom Juni 2010 für Aufruhr gesorgt. Um einen neuen Einheitssatz von 6,2 % finanzieren zu können, möchte der Bundesrat zahlreiche Steuerausnahmen streichen. Unter anderem würden im sozial-, gesundheits-, bildungs- und kulturpolitischen Sektor eine ganze Reihe von Umsätzen neu steuerpflichtig. Eine Änderung, die auch die fördernden Stiftungen unmittelbar treffen würde.

Bewegung gibt es aber nicht nur im Schweizer Stiftungsrecht. Auch der europäische Stiftungssektor macht von sich reden. So wurde die Entwicklung der Europäischen Stiftung vorangetrieben. Die Europäische Kommission prüft derzeit konkrete Schritte zur Einführung dieser neuen europäischen Stiftungsform. Signifikante Neuerungen gibt es auch im Bereich des grenzüberschreitenden Spendenverkehrs. Als Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs haben bisher 17 europäische Länder ihre Steuergesetzgebungen dahingehend angepasst, dass Spenden an gemeinnützige Organisationen auch dann steuerlich absetzbar sind, wenn letztere ihren Sitz im Ausland haben. «Das Urteil hat auch Auswirkungen auf die Schweiz», erklärt Prof. Dr. Dominique Jakob, Leiter des Zentrums für Stiftungsrecht an der Universität Zürich. «Denn die EU-Länder müssen den Abzug unter gewissen Voraussetzungen auch bei Spenden in Drittländer gewähren. In der Schweiz sollte daher darüber nachgedacht werden, im Gegenzug auch Spenden an gemeinnützige Institutionen mit Sitz in den EU-Staaten zum Abzug zuzulassen.»

Mehr Wirkung durch Kooperation
Neben aktuellen Zahlen und rechtlichen Entwicklungen geht der Schweizer Stiftungsreport 2011 auch neuen Trends im Stiftungsland Schweiz nach. Hoch im Kurs steht das Thema Kooperationen, das bereits von der 2010 präsentierten Studie «Stärkung der Philanthropie in der Schweiz» der Fondation 1796 heraus gearbeitet wurde. «Gerade die starke Fragmentierung der Schweizer Stiftungslandschaft und die jüngsten Erfahrungen aus den letzten Wirtschaftsturbulenzen bieten allen Grund, Kosten durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen einzusparen», ist Beate Eckhardt, Geschäftsführerin von SwissFoundations, überzeugt. Ein gutes Beispiel dafür ist das 2010 eröffnete Haus der Stiftungen in Zürich, das neben SwissFoundations auch Geschäftsstellen von vier Stiftungen beherbergt. Neben derartigen Kooperationen zwischen Stiftungen finden aber auch neue Konzepte wie Dachstiftungen zunehmende Aufmerksamkeit.

Abgerundet wird der Schweizer Stiftungsreport von einem Anhang mit Hinweisen auf Veranstaltungen, Studien und Publikationen. Der Report kann in deutscher und französischer Sprache kostenlos unter www.stiftungsreport.ch heruntergeladen werden.

Unterstützt wurde der Schweizer Stiftungsreport von der Avina Stiftung, der Ernst Göhner Stiftung und der Fondation 1796.

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